Rollenspiel bringt Brüssel näher

Schüler der Ludmilla-Realschule üben sich während eines politischen Planspiels in Debatte und Gesetzgebung

Etwa 50 Schüler der Ludmilla-Realschule schlüpften vergangene Woche für zwei Tage in die Rollen von Entscheidungsträgern, Medienleuten und Interessenverbänden. Grund dafür war eine Politiksimulation, in der eine neue Richtlinie zur europäischen Einwanderungs- und Asylpolitik verabschiedet werden sollte. Die Schüler mussten sich dabei mit der Gewährleistung der Menschenrechte, Reisefreiheit, aber auch mit der Arbeitsmarktpolitik auseinandersetzen.

2016-10-eu-rollenspiel„Ziel ist es, den jungen Menschen auf spielerische Weise das Zustandekommen von Gesetzen, die Aufgaben von Abgeordneten und die Rolle der Medien und Lobbyisten in Straßburg und Brüssel näher zu bringen und erfahrbar zu machen“, erklärte Siegbert Kopp, Lehrer für Sozialkunde und Geschichte, der zusammen mit dem Informationsbüro der Europäischen Union in München das Projekt initiiert hat. Die Informationsbüros seien Bindeglied zwischen dem Europäischen Parlament und den Bürgern. Deshalb organisieren diese regelmäßig Veranstaltungen zu aktuellen europapolitischen Themen. Die deutschlandweiten Simulationsspiele zur Einwanderungs- und Asylpolitik werden im Auftrag des Informationsbüros und Eurosoc durchgeführt. Seit April 2013 werden diese in 100 Schulen deutschlandweit durchgeführt.

Die Schüler waren sich in ihren Meinungen über die Politiksimulation überwiegend einig: „Es war schwierig, ein neues Gesetz zu verabschieden. Problematisch war einerseits die wenige Zeit die wir hatten, andererseits waren wir total auf Kompromissbereitschaft angewiesen“, sagte Levin aus der 10 a. Ein anderer stellte fest, dass die größeren Länder wie Deutschland und Frankreich in ihren Entscheidungen meistens die kleineren dominieren würden und dass die Schwierigkeit vor allem darin bestünde, dass die eigene Meinung nicht eingebracht werden durfte. Umso mehr Leute in einer Fraktion wären, desto komplizierter werde es, mit einer Stimme zu sprechen. „Durch politische Auseinandersetzungen lebt die Demokratie“, erklärte Schulleiter Werner Groß. Schüler dürfen sich in die Rolle von Entscheidungsträgern hineinversetzen und können dadurch die EU hautnah und intensiv erleben, erlernen und verstehen.

Anhand des Rollenspiels werde deutlich, was das Europäische Parlament und der Ministerrat machen und wie sie ihre Kompetenzen einsetzen. Man müsse nur immer kritisch sein und alles genau hinterfragen. Aber auch Ergebnisse hat das Planspiel gebracht. So beschlossen die Schüler: Erst nach mindestens sechs Wochen sollen Asylbewerber eine Zulassung für den Besuch einer öffentlichen Schule erhalten. Der Zugang zum regulären Arbeitsmarkt darf erst möglich werden, wenn die Flüchtlinge zuvor Sprachkurse besucht haben. Gefordert wird außerdem, dass minderjährige Asylbewerber, die kriminell werden, auch in Haft kommen, aber natürlich genau so belangt werden, wie die Jugendlichen des jeweiligen Landes, in dem diese Asyl gesucht haben. Gleichwohl müssen die Unterbringungsmöglichkeiten für Flüchtlinge verbessert werden und nach Religionen und Geschlechtern getrennt werden, um Konflikte zu vermeiden. Die Schüler waren sich einig, dass ihnen die Simulation das politische Geschäft näher gebracht hat und Vorgänge im Europaparlament einfacher zu verstehen sind.

„Bei so viel Diskussion bin ich erstaunt, dass in der Politik überhaupt Ergebnisse erzielt werden“, so Elias, denn wie in der Realität treffen verschiedene Interessen, Positionen und Charaktere aufeinander, die in Dialogen und Debatten zu Kompromissen finden müssen. Und dann kämen auch noch 24 Amtssprachen hinzu.

Text & Bild: Uli Kimberger